Im Rahmen meines Journalismus-Studiums musste ich Anfang 2025 eine Glosse schreiben – da ich den Text, selbst ein Dreivierteljahr später, immernoch nicht schrecklich finde, teile ich ihn hier.
Zukunft ist Vergangenheit
Es klingt, wie aus einem Film: Eine Gruppe junger Männer verschafft sich Zutritt zu einer amerikanischen Behörde, um diese ohne rechtliche Legitimation aufzulösen. Sie sind Mitarbeiter von DOGE unter der Leitung eines Tech-Milliardärs, der Amerika wieder groß machen soll.
Dies ist nicht der Plot der 88. Verfilmung (kleiner ASCII-Witz) eines weiteren, dystopischen Marvel-Multiversums, sondern die Realität im Februar 2025. Elon Musk, in der Rolle eines auf Wish bestellten Tony Stark, demontiert im Auftrag des Herrn (Trump) mit seinen jungen X-Men Stück für Stück den amerikanischen Staatsapparat, während er nebenbei der Verbreitung von Falschmeldungen und Propaganda in der weltweiten Kommunikation Tür und Tor öffnet. Alles zum Wohle des amerikanischen Volkes, selbstverständlich. Heil Hydra.
Die spektakulären Absurditäten unseres „großen Bruders“ füllen die Nachrichten – und verschieben die Grenzen des vermeintlich Akzeptablen. Höher, schneller, weiter (rechts). Wenn ein Hitlergruß im Rahmen des amerikanischen Wahlkampfs bereits als interpretierfähig gilt, kann eine eigentlich demokratische Partei sogar in Deutschland „Mein rechter, rechter Platz ist frei“ spielen.
Deutschland, das Land der Dichter und Denker; unser Polit-Kino hat selbstverständlich eine literarische Vorlage. Große Blockbuster sind eben nicht unser Ding. Zumindest aktuell noch nicht. Jedoch pitcht Alice den Plot ihres Wunderlands sehr offensiv: Deutschland ist eine Sklavenkolonie, Schulen sind nur Treibhäuser frühkindlicher sexueller Vorstellungen, die Führer des Landes sind schwach und Millionen Herzen tragen den Wunsch nach einer grundsätzlichen Änderung. Das klingt nicht nach Lewis Carroll. Dies liegt daran, dass Weidel an der Umsetzung eines 60 Jahre später erschienen Buchs arbeitet – und dabei ziemlich werktreu ist: Hitlers „Mein Kampf“.
Egal, ob USA oder Deutschland, Popcorn-Kino oder Literaturverfilmung, mit dem Holzhammer oder durch die Hintertür – die Reaktionen der Umstehenden sind überall gleich: Man spricht seine Empörung aus. Man rügt das Verhalten. Man demonstriert. Niemand verhindert es.
Auf das Eingreifen von Superman oder The Boys warten wir vergebens.
Foto: Melanie Döring
